Gold-Cup der Nordischen Folkeboote 2010

Gold-Cup der Nordischen Folkeboote 2010 - oder die späte Erkenntnis, dass es auf dem Großen Belt auch ungemütlich werden kann

 

Ein persönlicher Erfahrungsbericht von Susanne Pflüger

 

Der Regen peitscht waagerecht an die luvwärtige Wange, jede dritte Welle gischtet über den Kopf hinweg. Das Süllbord des nordischen Folkeboots auf dem ich sitze - nein, von dem ich versuche nicht herunterzufallen - drückt gnadenlos in meine Kniekehle. Zum Glück habe ich eine Schot in der Hand, die ich so festhalte wie den Zügel eines durchgehendes Pferdes. Zu beiden Seiten sitzen zwei Männer, für die das der normale Alltag zu sein scheint. Der eine ist mein Mann Udo, der andere ist Lars Jensen von North Sails Onedesign und beide wollen das hier nicht nur irgendwie überstehen, sondern so viele Boote wie möglich hinter sich im Ziel lassen. Ich hatte mir das irgendwie einfacher, schöner, gemütlicher vorgestellt, als ich Udo ein halbes Jahr zuvor mit Freude zugesagt habe, mit ihm den Goldcup, die inoffizielle Weltmeisterschaft der nordischen Folkeboote in Skaelskoer auf dem großen Belt zu segeln. Doch gleich am ersten Wettfahrttag pfeift der Wind mit Windstärke 6, es regnet wie aus Eimern und eine unangenehm steile Welle macht die Sache nicht besser. Ich habe ein Pflaster gegen Seekrankheit hinter dem Ohr, das zum Glück wirklich super wirkt.  Trotz meiner totalen Erschöpfung werden wir 4. und 5. an diesem Tag, der für 3 andere Mannschaften einen Mastbruch beschert hat, während Sören Kaestel & co. vom ausrichtenden Verein SAS mit einem 1. und 2. das Feld anführen. Die Übergabe des gelben Trikots bekomme ich noch mit, ebenso wie der Wettfahrtleiter mit seiner Pistole herumfuchtelt und den Start für das Freibier anschießt, aber nach 8 Stunden auf See kippe ich um 19.30 Uhr ins Bett. Der zweite Wettfahrttag verspricht nicht viel weniger Wind, aber immerhin Sonne. Die erste Kreuz haben wir nach 1,7 sm hinter uns, wir sind an dritter Position und voller Adrenalin, da bricht der Wettfahrtleiter die Wettfahrt ab, weil ihm 10 Grad Winddrehung zu viel sind. Also wieder ab zum Startschiff. Nächster Start, wieder 1,7 sm Startkreuz, aber je näher die Bahnmarke kommt, desto mehr wird deutlich, dass da etwas nicht stimmt. Und wieder - Abruch, weil die Tonne vertrieben ist... dieses Mal waren wir an zweiter Position... Um 13.00 Uhr dann der Start, der zur 1. Wettfahrt des Tages führt, die wir als 4. beenden. Weiterhin führt Sören, punktgleich gefolgt von Christoph Nielsen vom SV03, dem Vorjahressieger. Nach dieser Wettfahrt schickt uns der Wettfahrtleiter in den Hafen, was ich dankbar zur Kenntnis nehme, kann ich damit doch das Abendprogramm (ganzes Schwein vom Grill) erleben  und muss nicht wieder zu früher Stunde ins Bett fallen. Der 3. Tag beschert weniger Wind, so wenig, dass wir zum Teil im Cockpit sitzen. Aber anscheinend sind wir bei Starkwind deutlich besser, ein 14. und 13. Platz lassen uns im Gesamtplacement auf Platz 6 zurückfallen. Christoph Nielsen spielt seine ganze Erfahrung aus, ein 1. und 4. Platz sichern ihm und seiner Mannschaft schon vorzeitig den Gewinn des Goldcups 2010. Stefan Schneider vom SpYC segelt mit seiner Mannschaft Günther Dörbandt und Frank Thieme an diesem Tag einen 2. und 4. und bringt sich damit wieder ins Gespräch. Ein Blick auf die Ergebnistabellen am Abend macht deutlich, dass nach Christoph alles richtig eng ist. Von Platz 2 bis 9 sind die Punktunterschiede nur gering. Wir nehmen uns vor, am letzten Tag nochmal richtig zu kämpfen und werden darin von Lars Ehefrau super unterstützt. Sie hat für uns ein ganzes Backblech "Jomfruhummer" gemacht, in Deutschland als Kaisergranat bekannte Krustentiere. Pures Eiweiss in leckerster Form gibt uns Kraft für den letzten Wettfahrttag. Der Wind hat wieder etwas aufgefrischt, die Sonne scheint - ein perfekter Segeltag! Ach, warum hätte es nicht die ganze Woche so sein können... Stefan Schneider hat sich mittlerweile wohl richtig eingesegelt, ein Start - Ziel Sieg für ihn und seine Männer. An der ersten Tonne kämpfen wir an Position 3 mit Sören Kaestel, da wird er vom Jury-Boot wegen Frühstarts herausgenommen. Er tut mir ein wenig leid, aber für uns ist es natürlich ein Glück. Auch die anderen Konkurrenten, die vor dieser Wettfahrt nur wenige Punkte vor uns waren, sind alle weit im Mittelfeld zurück. Am Ende werden wir 3. nicht nur in dieser Wettfahrt, sondern auch gesamt! Stefan Schneider wird dank seines Tagessieges  2. gesamt, womit drei Berliner Mannschaften auf dem abendlichen Goldcup-Podest stehen. Das gab es noch nie! Die armen Dänen - das hatten sie sich sicher anders vorgestellt auf heimischem Gewässer. Ich habe das Gefühl über uns freuen sich alle - die Deutschen, die Berliner sowieso und die Dänen, weil wir mit Lars ja einen von ihnen an Bord hatten und wir immerhin unter dänischer Segelnummer gestartet sind - ein dickes Dankeschön an dieser Stelle an Per Jörgensen, dass er uns sein Schiff zur Verfügung gestellt hat. Zu später Stunde gibt es dann dänische Live-Musik und es wird zünftig getanzt. Bevor ich noch dazu komme mit Udo zu tanzen, holt mich der Wikinger-Wettfahrtleiter auf die Tanzfläche. Und während wir tanzen, unterstützt er stimmlich laustark das Musiker-Duo. Sehr urig... Je später der Abend, desto mehr kehrt bei den Dänen wieder die gute Laune zurück. Im Tanzen und Feiern sind sie ganz klar die Sieger des  Abends.